Ablauf einer Hinrichtung in Österreich

Zirka zehn Minuten vor sieben Uhr morgens des der Ankündigung der bevorstehenden Hinrichtung folgenden Tages betrat dann Lang mit seinen Gehilfen und dem Kerkermeister die Armesünderzelle, wo schon ein Priester  -  oft die ganze Nacht - Trost spendend bei dem dem Tode Verfallenen weilte.

Er band dessen beide Hände mit einer gar nicht dicken schwarzen Seidenschnur. Um jeden Arm wurde jedoch ein schwarzer Riemen gespannt, welcher auf dem Rücken des Delinquenten zusammengeschnallt ward. Dies geschah lediglich, um gewaltsame Ausschreitungen des Verurteilten am Richtplatz zu verhindern. Es war der Fall vorgekommen, daß ein Mörder, als er bereits unter dem Galgen stand, dem Scharfrichter Selinger eine wuchtige Ohrfeige versetzte. Sonst bestand keine besondere Bekleidungsvorschrift, doch drang Lang darauf, daß die Weste geöffnet sei und auch der Hals mußte frei sein, der gesteifte Kragen eventuell vorne aufgeknöpft. Nach der Fesselung verließ der Scharfrichter die Zelle und begab sich in den Galgenhof, wo er den Verurteilten, hinter dem Galgen stehend, erwartete.  

Während seiner Amtshandlung war Lang mit einem schwarzen Salonanzug bekleidet, er trug einen Zylinder (richtig Halbzylinder bzw.Melone) und an den Händen schwarze Glace’handschuhe, die er nach vollzogener Hinrichtung unter den Galgen warf. Auch die Gehilfen hatten schwarze Kleider. Ein spezielles Dienstabzeichen hatten die Henker nicht. 

Bald nachdem ihn Lang verlassen, erschien der Verurteilte, von den zwei Gehilfen, einem Priester und dem Kerkermeister begleitet und links und rechts von einem Spalier von je vier Justizwachsoldaten mit aufgepflanztem Bajonett flankiert, im Galgenhof. Im Hof traten diese zur Seite, der Kerkermeister und der Priester geleiteten den armen Sünder unter den Galgen, die Gehilfen stellten sich seitwärts auf.

Die Verlesung des Todesurteils durch den Exekutionsleiter geschah in letzter Zeit sehr rasch. Seitdem der Mörder Schönekl (richtig Senekl) der Versammlung ein bekanntes Zitat aus dem „Götz von Berlichingen“ zugerufen, nahm die Verlesung kaum eine Minute in Anspruch.

„Scharfrichter ! Walten sie ihres Amtes ! „ rief zum Schluß der Exekutionsleiter.  

Im nächsten Augenblick hatten die beiden Gehilfen die Riemen von dem Verurteilten gelöst und hoben ihn zum Galgen empor. Lang stand auf einer Treppe hinter dem Richtpflock und legte sofort eine kurze Doppelschnur um den Hals. Die Schnur war war aus gutem Hanf, sehr weich und eingeseift und stammte vom Hofseiler. das Ende dieser Schnur wurde an einem Haken am oberen Ende des Galgens befestigt. 

Auf einen Wink zogen die Gehilfen an den Füßen des Verurteilten - ein jäher, plötzlicher Ruck und nach wenigen Sekunden war dem Gesetz Genüge getan.   

Cesare Battisti 12. Juli 1916
Cesare Battisti 12. Juli 1916

War der Tod offenkundig eingetreten, dann trat der Scharfrichter vor und erstattete die Meldung, daß das Urteil vollstreckt sei. Obliegenheit der bei der Kommission anwesenden Ärzte war es, auch nach den Regeln der Wissenschaft den Tod zu konstatieren. Über die Exekution wurde ein genaues Protokoll aufgenommen, welches alle Beteiligten, selbst die Gehilfen des Henkers, unterfertigten.

der Delinquent blieb noch eine Stunde lang an diesem Pflock hängen, dann wurde er im Landesgericht obduziert und in einem nur mit Sägespänen gefüllten rohen Sarg in nächtlicher Stille an einer unbekannten Stelle des Friedhofes  der Erde übergeben.

Bei Hinrichtungen in Galizien zum Beispiel blieb die Leiche jedoch volle vierundzwanzig Stunden am Galgen hängen, während welcher Zeit der Scharfrichter auf dem Richtplatze verweilen musste. Dann wurde sie in einer entfernt gelegenen Stelle des Ortsfriedhofes beerdigt, die Begräbnisstätte aber geheim gehalten, selbst die Angehörigen des Gerichteten wussten nicht, wo er begraben liegt, weil der Aberglaube, welcher die Menschheit noch immer in seinem Banne hält, gar manchen hätte veranlassen können, den Gerichteten aus dem Grabe zu holen. Da könnte vielleicht das Herz  aus dem Leibe gerissen, ein Finger abgehackt, die Leber herausgezerrt oder irgendeine ähnliche Leichenschändung vorgenommen werden, um dem Moloch Aberglaube ein grausiges Opfer zu bringen.

In den österreichischen Gesetzen befasst sich der § 403 der Strafprozessordnung mit der Vollstreckung der Todesurteile. Er lautet : „Die Vollstreckung von Todesurteilen geschieht am nächsten Morgen nach dem Tage, an welchem dem Verurteilten eröffnet worden ist, dass die Strafe wegen nicht eingetretener Begnadigung an ihm werde vollzogen werden. Diese Eröffnung geschieht im Gerichtshause in Gegenwart eines Vorsitzenden, zweier Richter und des Staatsanwaltes.“

In dem Paragraph steht weiter angeführt : „Das Strafgericht hat weiter darauf zu sehen, dass die Vollziehung weder auf einen Sonntag oder Feiertag, noch auf einen solchen Tag falle, welcher nach dem Religionsbekenntnisse des Verurteilten ein Festtag ist und dass der Vollstreckung an dem bestimmten Tage überhaupt kein Hindernis im Wege steht. Nach dieser Verständigung hat das Strafgericht dem Verurteilten einen Seelsorger seines Religionsbekenntnisses beizugeben, insofern er sich nicht selbst einen solchen wählt und ihm nötigenfalls zu bedeuten, dass weder seine Ablehnung der Vorbereitung zum Tode, noch ein von wem immer überreichtes Begnadigungsgesuch die Vollstreckung der Todesstrafe hemmen könne. Der Zutritt zu dem Verurteilten ist außer den durch ihre amtliche Stellung   hiezu Berufenen nur seinen Angehörigen und denjenigen Personen gestattet, die er selbst zu sehen oder zu sprechen wünscht .“

Der Paragraph 404 sagt : „Die Vollstreckung der Todesstrafe erfolgt innerhalb der Mauern des Gefangenenhauses oder in einem anderen umschlossenen Raume in Gegenwart einer Gerichtskommission, welche wenigstens aus drei Mitgliedern des Gerichtes und Protokollführer bestehen muss, dann des Staatsanwaltes, eines Gerichtsarztes und des den Verurteilten begleitenden Seelsorgers. Der Verteidiger, der Vorstand und die Vertretung der Gemeinde, in deren Gebiet die Vollstreckung stattfindet, sind von dem Orte und der Vollstreckung - um derselbst beiwohnen zu können - zu verständigen; die Beamten des Gerichtes, der Staatsanwaltschaft und der Sicherheitsbehörde und den nächsten Verwandten des Verurteilten ist gestattet, der Hinrichtung beizuwohnen. Soweit es der Raum zulässt, kann dies auch achtbaren Männern gestattet werden. Ist das Todesurteil an mehreren zu vollstrecken, so ist die Veranstaltung zu treffen, dass keiner die Hinrichtung des anderen sehen könne. Das Strafurteil samt einer kurzen Darstellung der Tat ist in Druck zu legen und nach der Hinrichtung zu verteilen. Der Körper des Hingerichteten ist bei Nacht bei Vermeidung alles Aufsehens an einem besonders zu bestimmenden Platze zu begraben; derselbe kann aber seiner Familie auf deren Begehren zur Beerdigung ausgefolgt werden, wenn keine Bedenken dagegen obwalten. Auch in diesem Falle darf die Beerdigung nur im Stillen und ohne alles Gepränge stattfinden. So lange die Leiche nicht weggebracht ist, ist außer den oben erwähnten Personen niemand zu dem Orte der Hinrichtung der Zutritt gestattet .“

Der Ablauf wurde dem Buch "Erinnerungen des Österreichischen Scharfrichters" entnommen.

 

 

 

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